Seit der Rückkehr der Kegelrobbe in das Wattenmeer Mitte des 20. Jahrhunderts wächst der Bestand stetig. Im Zeitraum 2018-2019 wurden im dänisch-niederländisch-deutschen Wattenmeer und in Helgoland 6.538 Tiere gezählt. Dies entspricht einem Wachstum um 6 Prozent im Vergleich zu den Vorjahreszahlen. Im dänischen Wattenmeer ist mit 408 Tieren gegenüber 228 im Vorjahr ein besonders starker Anstieg von 79 Prozent beobachtet worden. Die Experten schließen aus diesem Trend, dass Kegelrobben ihr Verbreitungsgebiet über das gesamte Wattenmeer, einschließlich Dänemarks, ausdehnen. Dies sind die Ergebnisse der „Kegelrobbenzählung im Wattenmeer und Helgoland im Zeitraum 2018-2019“ der Trilateralen Expertengruppe Seehunde (EG-Seals, vormals Trilateral Seal Expert Group), die im Rahmen der Trilateralen Wattenmeer-Zusammenarbeit jetzt veröffentlicht wurde.
„Wir feiern in diesem Jahr das 10-jährige Jubiläum der Ernennung des Wattenmeers zum Welterbe. Den Anstieg der Kegelrobbenbestände im dänischen Wattenmeer sehe ich da in gewisser Weise als ein besonderes Geburtstagsgeschenk“, sagt Sascha Klöpper, stellvertretender Exekutivsekretär des Gemeinsamen Wattenmeer-Sekretariats (CWSS). „Zurzeit nutzen die Tiere das dänische Wattenmeer zwar nicht regelmäßig als Wurfgebiet, aber in Zukunft könnte sich auch dort eine neue Kolonie ansiedeln, so wie wir es in den anderen Teilen des Wattenmeeres bereits beobachten konnten.“ Seit den 1970er Jahren steht der Großteil des Wattenmeeres unter Naturschutz. 1991 wurde ein Abkommen zum Schutz der Seehunde geschlossen, welches auch den Kegelrobben zugutekommt. 2009 hat das UNESCO-Welterbekomitee das Wattenmeer zum Weltnaturerbe erklärt.
Seit 2008 führt die EG-Seals jährlich grenzübergreifend koordinierte Zählungen durch, mit denen sowohl ausgewachsene Kegelrobben als auch Jungtiere erfasst werden. Ausgewachsene Tiere werden während der Fellwechselperiode gezählt, da sie zu dieser Zeit im Schnitt wesentlich mehr Zeit sichtbar an Land verbringen. Neben dem starken Anstieg im dänischen Wattenmeer wurde im Vergleich zum Vorjahr auch ein Wachstum von 4 Prozent in den Niederlanden (4.760) und 18 Prozent in Niedersachsen/ Hamburg (451) gestiegen. Erstmals wurden auch im Hamburger Wattenmeer regelmäßig Kegelrobben gesichtet. Im schleswig-holsteinischen Wattenmeer wurden mit 155 Robben 18 Prozent weniger als im Vorjahr beobachtet. Auf Helgoland war der Rückgang mit 2 Prozent (764) gering. Die Experten der EG-Seals begründen diese Unterschiede zwischen den Gebieten mit verschiedenen Faktoren, darunter ein möglicherweise schwankendes Nahrungsangebot, Wechsel der Sandbänke oder lokale Störungen.
Während der Wurfzeit in den Wintermonaten werden die neugeborenen Kegelrobben gezählt. Im Winter 2018-2019 wurden im Wattenmeer und auf Helgoland insgesamt 1.684 Jungtiere beobachtet – ein Wachstum von 22 Prozent. Die meisten Robben, 1.062 Tiere, wurden im niederländischen Wattenmeer geboren. Mit 29 Prozent stellte dies zudem den höchsten Anstieg dar. Auf Helgoland und in Niedersachsen nahmen die Zahlen mit 20 und 3 Prozent ebenfalls zu (387 und 235 Tiere). In Dänemark, Schleswig-Holstein und in Hamburg wurden zu dem ausgewählten Zählungstermin keine Jungtiere gezählt. Allerdings wurden in Schleswig-Holstein über den Winter ein oder zwei Jungtiere gesichtet.
Kegelrobben sind die größten Raubtiere an der Wattenmeerküste und zählen wie Seehunde zu den bekanntesten Arten der Region. Zu früheren Zeiten waren Kegelrobben im Wattenmeer wahrscheinlich zahlreich, bis sie vermutlich aufgrund exzessiver Bejagung verschwanden. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wanderten erste Tiere aus britischen Gewässern wieder ins Wattenmeer ein. Als Teil der Trilateralen Wattenmeer-Zusammenarbeit koordiniert die trilaterale Seehundexpertengruppe die Zählungen und harmonisiert die Ergebnisse, welche aus allen Teilen des Wattenmeers zusammengeführt wurden. Der im Wattenmeer häufig anzutreffende Seehund steht unter besonderem Schutz des Wattenmeer-Seehundabkommens (Agreement on the Conservation of Seals in the Wadden Sea; WSSA) unter der Schirmherrschaft des UN-Übereinkommens zur Erhaltung der wandernden Tierarten (CMS). Die Kegelrobbe fällt zwar nicht unter dieses Abkommen, profitiert aber aus den daraus resultierenden Schutzmaßnahmen. Das CWSS fungiert als Sekretariat des Wattenmeer-Seehundabkommens.
Der vollständige Bericht ist als Download in englischer Sprache verfügbar unter www.waddensea-worldheritage.org/seals