Hannover / Emden – 16. August 2018
Die Pläne zur Vertiefung der Außenems stoßen bei Umwelt-, Fischerei-, Wassersport- und Tourismusorganisationen auf deutliche Kritik. Präsentiert wurden diese vor einer Woche bei einem Runden Tisch zur sogenannten „Anpassung“ der Außenems, zu dem Umwelt- und Wirtschaftsministerium nach Hannover geladen hatten. Umweltminister Lies verkündete, dass mit einer ökologischen Strategie zum Sedimentmanagement die Außenems ohne größere Umweltschäden vertieft werden könne. Die niedersächsischen Umweltverbände lehnen Pläne zu einer erneuten Vertiefung der Außenems strikt ab und kritisieren die Position des niedersächsischen Umweltministers als Augenwischerei. „Ein Stopp der Verklappungen sowie eine neue, sinnvolle Verwendung von Baggergut ist richtig und überfällig. Dies allein wird den schlechten ökologischen Erhaltungszustand der Ems jedoch nicht ausgleichen. Es ist ein absurder Teufelskreis, daraus die angebliche Unbedenklichkeit einer weiteren Vertiefung abzuleiten. Der Gesundheitszustand der Ems wird sich mit jeder weiteren Flussvertiefung verschlechtern“, warnen die Verbände.
Die Ems befindet sich in einem schlechten ökologischen Erhaltungszustand. Niedersachsen ist verpflichtet, diesen nachhaltig zu verbessern. So verlangt es die europäische Gesetzgebung nach der Fauna-Flora- Habitat-Richtlinie und der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Auch die Meeresstrategierichtlinie und die Vogelschutzrichtlinie sind zu beachten. Eine weitere Flussvertiefung würde dagegen die Situation verschlechtern und durch einen größeren Unterhaltungsaufwand zu noch mehr Baggerungen führen. Die bereits durchgeführte niederländische und die geplante deutsche Vertiefung der Außenems werden die jährlichen Baggermengen um weitere 41 Prozent erhöhen. Insgesamt sind zukünftig deutsch-niederländische Unterhaltungsbaggerungen in einer Größenordnung von knapp zehn Millionen Kubikmetern und eine beträchtliche Potenzierung der Eintrübung zu erwarten und zu bedenken. Anhand bisheriger Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen an/in den Tideflüssen Ems, Weser und Elbe ist bekannt, womit bei einer weiteren Flussvertiefung zu rechnen ist: Die Flutdominanz nimmt weiter zu, weniger Wasser fließt ins Meer zurück, dafür verbleibt mehr Schlick im Ästuar. Außerdem gelangt das salzige Meerwasser weiter flussaufwärts. Dies führt zum Absterben von Organismen, die auf Brackoder Süßwasser angewiesen sind – noch mehr Schlick entsteht. Fische verlieren ihre Laichplätze. Insbesondere im Sommer sinkt bei hohen Temperaturen der Sauerstoffgehalt so enorm, dass von toten Zonen im Fluss gesprochen werden muss.
Die Folgen einer Vertiefung werden sich bis ins Wattenmeer auswirken und sind mit dem Schutz des Nationalparks und des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer nicht vereinbar. Durch Eintrübung und Verschlickung werden Muschelbänke und Seegraswiesen beeinträchtigt. Veränderte physikalische Vorgänge sorgen dafür, dass Ausflockungen von Sedimenten entstehen, so dass die Badewasserqualität und Fischereigründe bis vor Borkum beeinträchtigt werden. Badestellen sowie Sportboothäfen und Slipstellen für Boote sind an manchen Stellen des ostfriesischen Festlands schon heute aufgrund der massiven Verschlickung kaum noch oder nur unter erschwerten Bedingungen nutzbar. Hier zeigt sich die Unausgewogenheit der bisherigen Betrachtung: „Der Fokus von Bund und Land liegt stets auf der regionalen Hafenwirtschaft. Darüber werden der Naturschutz, Fischerei- und Seglerinteressen sowie der Bädertourismus am ostfriesischen Festland und auf den Inseln nahezu vergessen oder verdrängt“, kritisieren die Verbände.
Die Umweltverbände bekräftigen ihre Forderung nach einem übergreifenden, ökologisch ausgerichteten Sedimentmanagementkonzept sowie nach einem durchdachten und in sich schlüssigen Hafenkonzept der norddeutschen Küstenländer, bei dem die Möglichkeiten des bestehenden Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven konsequent genutzt werden können. Dadurch ließen sich die Unterläufe der Flüsse und Ästuare entlasten. Mit Unterstützung aus Kreisen des Wassersports und des Tourismus sowie seitens der Muschelfischerei und der Stadt Borkum stemmen sich Niedersachsens Umweltverbände gemeinsam mit WWF daher gegen jede weitere Vertiefung der Außenems.
Gemeinsame Erklärung
BUND Niedersachsen
Der Mellumrat e.V.
Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen
NABU Niedersachsen
NaturFreunde Niedersachsen
Naturschutzverband Niedersachsen
Niedersächsischer Heimatbund
Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft für Natur- und Umweltschutz
WWF Deutschland