SDN: Vor Scharhörn wird schon längst verklappt

 Das gefährdete Gebiet - die beiden Vogelinseln Scharhörm und Nigehörn Foto: Ralf Roletschek CC BY-SA 3.0 deVarel/Hamburg. „Anstatt nach Wegen zu suchen, das bei Hafenbaggerungen und Flussvertiefungen aufgenommene und in die Nordsee und das Wattenmeer eingebrachte giftige Material aus dem natürlichen System zu entnehmen, wird gerade auch heute noch auf möglichst undurchsichtige Weise noch mehr Gift und Schlick dazu gepackt,” resümiert Bürgermeister und SDN-Vorsitzender Gerd-Christian Wagner zur aktuellen Absicht der Hamburger Hafenverwaltung HPA, Millionen Tonnen ihres teilweise hoch belasteten Hafen-Schlicks zwischen Nationalpark Wattenmeer und Elbfahrrinne, nahe der Vogelschutzinsel Scharhörn, und in der AWZ zu verklappen. Dabei stünde Deutschland im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) sowie der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in der Pflicht, seine Gewässer in einen guten ökologischen Zustand zu versetzen und zu erhalten. „100 Gramm Quecksilber bleiben 100 Gramm Quecksilber”, so Wagner weiter, „auch wenn ihre Konzentration im Schlick über mehrere Zwischenstationen wie Neßsand und Neuer Lüchtergrund hinweg verdünnt wird, bevor sie im Wattenmeer auf den Grund verklappt werden und weiter verdriften.”

Alle verantwortlich Beteiligte müssten sich einfach zu ihrer umweltschonenden Verpflichtung bekennen und gemeinsam eine sowohl echte wie nachhaltige Lösung gegen ihre bisher eher destruktive Handlungsweise suchen.

Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) weise gerade in Sachen Verklappung von Hafenschlick schon seit vielen Jahren immer wieder auf eine lange Reihe möglicher, wahrscheinlicher wie auch  erfolgter Auswirkungen für Mensch und Natur hin. So habe bereits die achte Elbvertiefung 1999, trotz aller werbemäßigen Verharmlosungen, zu deutlich höherem Sedimenttransport geführt und damit die Verschlickung der wertvollen Flachwasserbereiche und Häfen hervorgerufen.  Zudem habe die biologische Vielfalt in der Elbe weiter stark abgenommen, was sich gerade in der Fischerei beweise. Wo einst über 1000 Fischerfamilien satt wurden, sind heute gerade noch vier geblieben und denen fehle es aktuell, neben manchen anderen Fischarten, an kompletten Jahrgängen der Schlüsselart Stint.

Rechtlich sei das Einbringen von Hafenschlick eine Form der Abfallbeseitigung, erläutert Wagner weiter. „Hierfür gilt der Vorrang einer Verwertung. Auch für Kommunen, mittelständische Betriebe und natürlich ebenso für die Hansestadt.“ Stattdessen würde aber mit kurzsichtiger hanseatischer Wirtschaftsdenke, Ignoranz gegenüber Konsequenzen für andere und gefälligen Gutachten nebst Nutzung anderer Kostenträger an alten Denk- wie Handlungsweisen festgehalten. Und die  beinhalten auch noch verdeckt, aus der Fahrrinne in der Außenelbe allmählich möglichst einen tiefen und gefälligen Schifffahrts-Kanal zu formen.

Gerd-Christian Wagner ist überzeugt, dass der unteren Elbe bereits schon jetzt drohe, ihre Qualität als artenreicher Lebensraum zu verlieren.  „Wie lange soll das noch so weitergehen?” Es wäre doch einfach widersinnig, ein Problem zu schaffen und es anschließend als Begründung zu nutzen,  mit gleicher Methodik wie bisher, eine Verschärfung des bestehenden Problems als „Lösung“ zu präsentieren. „Es ist einfach an der Zeit wirklich umzudenken!“, appelliert Wagner an die umweltbezogene Vernunft aller verantwortlich Beteiligten.

 

Und somit fordert die Schutzgemeinschaft von den politisch verantwortlichen im Bund und den Küstenländern:

  • – die weitere Vertiefung von Elbe, Weser und Ems zu stoppen und sich die Flüsse erholen zu lassen,
  • – die Schlick-Verklappung im Wattenmeer, den Ästuaren wie der weiteren Nordsee zu beenden,
  • – keine Schlick-Verklappung in der AWZ zuzulassen,
  • – Aufnahme einer funktionalen norddeutschen Container-Hafenkooperation,
  • – Erstellung eines Hafenentwicklungsplanes, der konstruktive sowie nachhaltige Lösungswege aufzeigt,
  • – Förderung und Erforschung von Techniken, mit denen der Schlick schadstofffrei und dauerhaft umweltschonend entsorgt werden könnte,
  • – Einhaltung der aus Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) sowie Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) hergeleiteten Verpflichtungen,
  • – strombauliche Maßnahmen zur Verlangsamung der Strömung von Elbe und Weser
  • – und das eingebrachte giftige Material aus dem natürlichen System des Wattenmeeres wie auch der Ästuare dauerhaft zu entnehmen.