Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN) befürchtet weitere Auskolkungen als Folge der Flussvertiefung
Deutsche Nordsee: „Von welcher hohen Bedeutung qualitativ gute Deiche sind, erleben wir gerade dieser Tage in Niedersachsen“, erklärt Bürgermeister Gerd-Christian Wagner, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN). „Noch bedrohter sind dabei die doppelbelasteten See- und Flussdeiche, durch die ungleich größere und zudem ggf. auch salzhaltige Wassermassen gehindert werden, das Kulturland zu überfluten.“ Schlecht sei nur, wenn selbst den guten Deichen allmählich der stabile Untergrund wegspüle. Ein Beispiel dafür wäre an der Unterelbe die Abweiserbuhne Glameyer-Stack, wenige Kilometer flussaufwärts gelegen vom
Deichabschnitt „Altenbrucher Bogen“. Dort geschehe dies bereits seit vielen Jahren. Mit jeder weiteren Flussvertiefung immer verstärkter. Ganz besonders seit der Verfüllung der Medemrinne zur Erhöhung der Fließgeschwindigkeit. „So ist schon seit Jahren bekannt, dass dort im südlichen Bereich der Fahrrinne eine Auskolkung stattfindet, die mittlerweile eine Tiefe von über 30 Metern erreicht und sich sogar bis dicht an den Glameyer-Stack in Ufernähe ausgedehnt hat.“ Das bedeute eine deutlich erhöhte Gefahr für die Stabilität des Deiches! Wattabtrag, Erosionen an der Böschung, Deichsackungen oder Schäden am Deckwerk wären dabei erste Alarmsignale.
Der „Altenbrucher Bogen“ ist als Prallhang der am meisten durch hohe Fließgeschwindigkeit der Elbe belastete Bereich der Unterelbe. Wesentliche Belastungen dieses Uferabschnitts, mit kaum schützendem Deichvorland wie Watt und Vorstrand, erfolgen dauerhaft wegen extremer Wassertiefen in unmittelbarer Deichnähe sowie hoher Seegangsbelastung durch Strömungs-, Wind- und Schiffswellen. „Die Möglichkeit eines Deichbruchs bei Sturmflut ist wenige Kilometer flussaufwärts, am Glameyer-Stack. vergleichsweise hoch”, befürchtet Birstein. Das Schutzbauwerk könnte instabil werden, wenn es sein Grund- und Baumaterial in den sich immer weiter ausweitenden 30-Meter-Kolk verlöre. „Sicher hat der Hamburger Hafen eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung“, führt er weiter aus, „aber natürlich muss auch der Schutz der lebendigen Umwelt in und bei den Flüssen mindestens gleichbemessen berücksichtigt werden.“
„Und zu allem Überfluss steht wieder einmal eine umsichtige Vorsorge für den Fluss mit kurzsichtigen Ansprüchen im Widerstreit”, ärgert sich Kapitän und Seelotse Ulrich Birstein, zweiter SDN-Vorsitzender. „Immer mehr wird klar, dass die Elbvertiefung nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein ökonomisches Desaster ist!“ Allerdings sehe das Hamburgs aktuelle Wirtschaftssenatorin, Dr. Melanie Leonhard, wohl nicht so. Vielmehr fordere sie aktuell, die “ursprüngliche Elbvertiefung” herzustellen, die in einigen Bereichen der Elbmündung gar nicht vollständig abgeschlossen worden sei. „Wir in Hamburg erwarten, dass der Bund seine Verantwortung ernst nimmt”, macht sie dazu noch deutlich. Demgegenüber sagt Birstein: „Hamburg sollte ernsthaft damit beginnen, sein Hafenkonzept in Richtung Effizienz für Steuerzahler und Umwelt, insbesondere der Flussnatur, konstruktiv zu überdenken.” Und das natürlich unter Einbeziehung der anderen Seehäfen.
Daher fordert die SDN unter anderem:
– Verringerung der Fluss-Strömungen.
– Ausweitung der Flachwasserbereiche.
– Förderung der biologischen Vielfalt am Fluss, im Wasser und am Grund.
– Umweltgerechte Maßnahmen zur Verringerung der Erosion in Fahrrinne und am Fluss-Rand.
– Umweltgerechte Sicherung der Deiche und Deckwerke.
– Konstruktiv neues Hafenkonzept; unter Einbeziehung der anderen Seehäfen.