2019 war ein weiteres Rekordjahr für Seehundjungtiere im dänisch-deutsch-niederländischen Wattenmeer. Die Zahl der Neugeborenen war die höchste bis dato registrierte. Auch ihr Anteil an der Gesamtzählung während der Fellwechselperiode im August war der zweithöchste. Die trilaterale Seehundexpertengruppe (Expert Group Seals; EG-Seals) der Trilateralen Wattenmeer-Zusammenarbeit schätzt in ihrem neu veröffentlichten Bericht „Trilaterale Zählungen von Seehunden im Wattenmeer und auf Helgoland 2019“ insgesamt 40.800 Seehunde. Die Gruppe koordiniert die jährlichen trilateralen Erhebungen im den dänischen, deutschen und niederländischen Teilen des Weltnaturerbes Wattenmeer sowie auf Helgoland.
„Wir beobachten nun schon seit Jahren einen sehr starken und stabilen Seehundbestand“, sagt Bernard Baerends, Exekutivsekretär des Gemeinsamen Wattenmeersekretariats (Common Wadden Sea Secretariat; CWSS). „Dies sind besonders gute Nachrichten, wenn man bedenkt, dass die Seehundpopulation durch menschliche Aktivitäten, sowie durch Ausbrüche der Seehundstaupe 1988 und 2002 und Influenza 2014 starke Beeinträchtigungen erfuhr. Wir können dank der Erhebungen mit einer gewissen Sicherheit davon ausgehen, dass unsere Maßnahmen und die trilaterale Zusammenarbeit zum Schutz des Meeressäugers und seines Lebensraums starke Auswirkungen auf die Entwicklung des Bestandes haben. “
Die trilateral koordinierten Luftzählungen werden zweimal im Jahr durchgeführt – während der Fellwechselzeit, zu der Seehunde mehr Zeit an Land verbringen, und während der Wurfperiode. Während des Fellwechsels im August 2019 wurden im Wattenmeer und auf Helgoland insgesamt 27.763 Seehunde beobachtet. Dies ist ein geringer Anstieg von einem Prozent im Vergleich zu 2018, jedoch die höchste Zahl, die seit den ersten Zählungen 1975 verzeichnet wurden. Das Ergebnis führt den seit 2012 zu beobachtenden stabilisierenden Trend einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 0,4% fort. Mit Blick auf die Regionen bleibt der Seehundbestand im dänischen Wattenmeer mit 2.676 gleich. Im schleswig-holsteinischen Wattenmeer wurden 8.721 Seehunde gezählt (+ 1% gegenüber 2017; keine Zahlen für 2018 verfügbar) und 8.772 in Niedersachsen und Hamburg (+ 9% ab 2018). In den Niederlanden ging die Zahl mit -7% leicht zurück (7.338 Individuen). Auf Helgoland wurde das höchste regionale Wachstum mit 256 Seehunden und einem Anstieg von 33% zum Vorjahr verzeichnet. Die jährlichen Variierungen der regionalen Zahlen können unterschiedliche Gründe haben, wie z. B. ein zum Vorjahr abweichendes Erhebungsdatum, eine unterschiedliche Anzahl von Seehunden an Land, die Wetterbedingungen oder eine Migration zwischen Regionen. Letzteres hebt die Bedeutung der trilateralen Zählungen hervor und unterstreicht die Notwendigkeit, Seehunde im Wattenmeer als einen großen, zusammenhängenden Bestand zu betrachten.
Während der Wurfperiode im Juni 2019 wurden im Wattenmeer 9.683 Jungtiere gezählt. Dies ist die höchste je registrierte Zahl (+2% im Vergleich zu 2018). Aufgeteilt auf die Regionen wurde in Schleswig-Holstein – 2018 Region mit stärkstem Anstieg – ein Rückgang (-19%) mit 3.723 gezählten Jungtieren festgestellt. In Dänemark wurden 919 Neugeborene gezählt (+64%). In Niedersachsen und Hamburg war mit 2.711 Jungtieren ein Anstieg um 26% zu verzeichnen. In den Niederlanden wurden 2.330 Neugeborene registriert (+6%).
Der Anteil der Jungtiere an der Gesamtzahl der August-Zählung betrug 35% und war damit der zweithöchste bis dato registrierte. Die EG-Seals bewerten diesen seit 2012 zu beobachtende Trend als paradox. Denn Anzeichen für eine Annäherung der Population an die Tragfähigkeit wären ein Rückgang der Jungtierproduktion und ein Anstieg der Jungtiersterberate. Jedoch hat die Jungtierproduktion zugenommen und um das Überleben der Neugeborenen zu untersuchen, müssten noch umfassende Daten gesammelt werden.
Seehunde sind, wie auch Kegelrobben, äußerst prominente Raubtierarten in der Region. Im Rahmen der Trilateralen Wattenmeer-Zusammenarbeit koordiniert die trilaterale Seehundexpertengruppe (EG-Seals) die Zählungen jeweils in einem engen Zeitfenster und harmonisiert die resultierenden Ergebnisse aus allen Teilen des Wattenmeers. Seehunde stehen im Wattenmeer unter besonderem Schutz und werden kontinuierlich, im Rahmen des Wattenmeer-Seehundabkommens (Agreement on the Conservation of Seals in the Wadden Sea; WSSA) unter der Schirmherrschaft des UN-Übereinkommens zur Erhaltung der wandernden Tierarten (CMS), überwacht. Das CWSS fungiert zugleich als Sekretariat zur Begleitung dieses Abkommens.
Der vollständige Bericht ist als Download in englischer Sprache verfügbar unter www.waddensea-worldheritage.org/seals
Für Rückfragen melden Sie sich bitte bei
Dr. Julia A. Busch, Secretary EG-Seals
Common Wadden Sea Secretariat
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busch@waddensea-secretariat.org