Am 29. August beginnt im Heidegebiet auf der Insel Wangerooge eine besondere Artenschutzmaßnahme. In einem der Eisteiche, die wertvolle Lebensräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten sind, hat sich das Nadelkraut (Crassula helmsii) angesiedelt. Dieser Neophyt kann durch rasches Wachstum Lebensräume vollständig für sich erobern und damit heimische, häufig gefährdete Arten verdrängen. Es gilt, die Feuchtlebensräume auf Wangerooge vor der Ausbreitung des Nadelkrauts in diesem frühen Stadium schützen und das vorhandene Vorkommen auf Dauer zu beseitigen. Mit dem Ausreißen der Stängel des Nadelkrauts, die dichte Teppiche bilden, ist es nicht getan. Deshalb wird das betroffene Gewässer auf Wangerooge jetzt (nach Ende der Brutzeit) mit einem Bagger verfüllt und soll dann zu einer Düne entwickelt werden. Im Gegenzug werden benachbart vorhandene Bombentrichter für typische Pionierarten von Kleingewässern wie den Strandling oder die Kreuzkröte zu einem nährstoffarmen Gewässer optimiert.
Im Vorfeld hatte die Nationalparkverwaltung zusammen mit dem Mellumrat zu einer öffentlichen Informationsveranstaltung auf Wangerooge eingeladen. „Viele Einheimische und Gäste verfolgen seit vielen Jahren interessiert die Artenschutzmaßnahmen auf der Insel“, weiß Norbert Hecker, naturschutzfachlicher Inselbetreuer bei der Nationalparkverwaltung. „Wenn ehrenamtliche Helfer im Schutzgebiet unterwegs sind oder für eine Basismaßnahme ausnahmsweise mal ein Bagger zum Einsatz kommt, dann sollten Insulaner und ihre Gäste auch wissen, welche Naturschutzziele wir damit verfolgen“.
Gebietsfremde Gehölze wie z. B. Traubenkirsche oder Apfelbeere lassen sich durch Entnahme der Einzelpflanzen gut in Schach halten. Die Stängel und Ausläufer des Nadelkrauts lassen sich jedoch nicht vollständig sicher entfernen. Deshalb wird das Gewässer eingeebnet und an anderer Stelle werden Lebensräume für die gefährdeten Arten der Kleingewässer entwickelt. „Wir werden gemeinsam die Öffentlichkeit über den weiteren Fortgang der Maßnahmen und deren Ergebnisse auf dem Laufenden halten“, so Matthias Heckroth, Geschäftsführer des Mellumrates.
Die Maßnahme ist mit der Gemeinde Wangerooge, dem Landkreis Friesland (Untere Naturschutzbehörde) und dem Domänenamt abgestimmt. Von Vorteil für die Durchführung jetzt im Spätsommer ist die trockene Witterung, die eine starke Ausbreitung des Nadelkrautes im betroffenen Eisteich in 2019 bisher verhindert hat. Trockene Verhältnisse müssen bei der Ausführung der Maßnahme vorherrschen, damit Bagger, Fahrzeuge, Arbeitsgeräte und Personen nicht mit dem Nadelkraut in Kontakt kommen. Ein kleiner verschleppter Abschnitt der Pflanze kann – an anderer Stelle eingebracht – großen Schaden anrichten. Wer – auch außerhalb des Nationalparks und anderer Schutzgebiete – zu Fuß, mit der Angel oder dem Boot an potenziellen Crassula-Standorten wie Gewässern und Feuchtgrünland unterwegs ist, sollte deshalb vorm Verlassen des Gebiets Schuhe (und ggf. Hundepfoten), Kleidung und Gerätschaften sorgfältig untersuchen und von Pflanzenresten säubern.
Das Nadelkraut stammt ursprünglich aus Australien und Neuseeland. Von dort wurde es als Zierpflanze für Teiche und Aquarien weltweit exportiert und gelangte über diesen Weg vermutlich auch in die Naturräume der Ostfriesischen Inseln. Eine Verschleppung durch wildlebende Vögel ist eher unwahrscheinlich.